Wintersemester 2014/2015

Einführung in die Theologie der Befreiung
(als Blockveranstaltung)

Das Zweite Vatikanische Konzil bedeutet für die katholische Kirche einen Aufbruch zur ernsthaften Auseinandersetzung mit der Welt. Zeitgleich entsteht in Lateinamerika mit der „Theologie der Befreiung“ eine neue Art des theologischen Denkens, die sowohl die Impulse des Konzils aufgreift als auch die soziale, kulturelle und politische Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort zum Ausgangspunkt ihrer theologischen Reflexion wie der kirchlicher Pastoral macht. Im Begriff der „Option für die Armen“ findet dies seinen prägnanten Ausdruck. Dem erkenntnistheoretischen Primat der Realität entspricht ein methodologischer Wandel: für die Erhebung der Situation bedarf es als erstes sozialwissenschaftlicher Methoden und Analytik. Ziel ist nicht länger, mittels Hermeneutik ein Sinnverstehen zu erreichen, sondern konkret unterdrückende Situationen im Sinn des Evangeliums zu verändern und damit die biblisch zentrale Kategorie der Befreiung in der Geschichte erfahrbar zu machen. Auf dieser Basis wird zu allen klassischen Traktaten der Theologie wie Gotteslehre, Christologie, Pneumatologie, Soteriologie, Ekklesiologie gearbeitet.
In diesem Seminar soll es darum gehen, die Grundzüge der Theologie der Befreiung sowie deren wichtigste Vertreter kennen zu lernen. Die dogmatischen Rückfragen (z.B. nach dem verkündigten Gott, dem Verständnis von Mensch in Geschichte und Gesellschaft oder der Rolle der Kirche angesichts des Leides in der Welt) werden eingebettet sein in politische, sozialethische sowie kulturelle Überlegungen.

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Sommersemester 2014

Christ sein inmitten der vielen Kirchen und Weltanschauungen - spezielle Ekklesiologie

Die Gesellschaft, in der wir leben, ist geprägt von einer fortschreitenden Globalisierung. Damit verbunden gibt es zunächst augenscheinlich widersprüchliche Tendenzen von Säkularisierung und religiös-weltanschaulicher Produktivität. Kirche und Theologie stehen vor der Aufgabe, zunächst die Vielfalt der z.T. neuen Religionen und Weltanschauungen zur Kenntnis zu nehmen und dann eine jeweilige Verhältnisbestimmung vorzunehmen. Theologie und Kirche bleiben jedoch von diesen vielfältigen und widersprüchlichen Entwicklungen nicht unberührt. Sie provozieren Rückfragen zum eigenen Selbstverständnis. Sie verändern Kirche und Theologie. Im Zuge des 2. Vatikanischen Konzils hat sich zudem der Blick auf die anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften, auf andere Religionen und weltanschauliche Strömungen nachhaltig und grundlegend verändert. Im Seminar soll es ausgehend von den Veränderungsprozessen in Dogmatik und Fundamentaltheologie um das Kennenlernen verschiedener christlicher Gemeinschaften, Weltanschauungsgruppen und Religionen gehen. Gespräche und persönliche Begegnungen sollen helfen, einen unmittelbaren Eindruck zu erhalten. Für zukünftige ReligionslehrerInnen und MitarbeiterInnen in der Pastoral können sich so wertvolle Erfahrungen mit Fachwissen verbinden.

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Wintersemester 2013/2014

Dogmatik vor den Herausforderungen der Moderne

Seit einigen Jahren ist ein kleines, graues, unscheinbares Buch auf dem Markt, von einem belgischen Jesuiten verfasst (Roger Lenaers) und es trägt den poetischen Titel: “Der Traum des Königs Nebukadnezar”. Erst der Untertitel lässt erahnen, warum das Büchlein, welches ohne Fußnoten oder wissenschaftlichen Apparat auskommt, in einschlägigen Kreisen als Geheimtipp gehandelt wird: “Das Ende der mittelalterlichen Kirche.” Anders als das unscheinbare Äußere enthält das Buch provokante Thesen. So geht der Autor hart mit Theologie und Lehramt ins Gericht, entlarvt Denkansatz und Glaubensaussagen als altchristliches mythologisches Denken, was es zu überwinden gilt. Lenaers fordert Theologie und Kirche dazu auf, Abschied zu nehmen von diesem heteronom bestimmten Gottes- und Weltbild und fordert einen theonomen Glauben, der anschlussfähig wird auf Fragen und Erkenntnisse der Moderne. Fragen, die das Buch aufwirft, sind Fragen, mit denen Theologen und Religionslehrer tagtäglich konfrontiert werden. Deshalb soll im Seminar mit einer kritischen Lektüre und Sichtung der Argumente eine Einordnung in dogmatische Fragestellungen vorgenommen werden, damit das eigene Nachdenken und Argumentieren befördern.

Ausgangsliteratur: Lenaers, Roger: Der Traum des Königs Nebukadnezar. Das Ende der mittelalterlichen Kirche. Verlag Edition anderswo. 3. Auflage 2010 (1. Auflage 2005).

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Sommersemester 2013

Die eine Offenbarung und die vielen Offenbarungen

In Jesus Christus hat die Menschheit die unüberbietbare Heilszusage Gottes erfahren: Gott wird Mensch, lässt sich für uns Menschen ans Kreuz schlagen und mit seiner Auferstehung erhält die Menschheit die Hoffnung auf eine gute Vollendung. Durch die Worte und Taten Jesu erlangen wir Wissen über Gott, Mensch, Kirche und Gesellschaft. Doch obschon die christlichen Kirchen in diesem Bekenntnis übereinstimmen, dass in Jesus Christus die Offenbarung zu ihrem Höhepunkt und Abschluss gefunden hat, gab es und gibt es eine Vielzahl von "privaten" Offenbarungen. Nur wenige davon erfahren eine kirchliche Anerkennung. Aber auch außerhalb der Kirche und des Christentums gibt es Gemeinschaften mit (abweichenden) Offenbarungsansprüchen. Manche sind älter, beispielsweise das Judentum, andere sind jüngeren Datums (z.B. Der Islam). Vielleicht die meisten Propheten sind in den letzten einhundert Jahren auf den Plan getreten und haben ihre Einsichten von Himmel, Hölle und Erde verkündet. Und Engelmedien, Hexen oder Gurus bieten tagesaktuell Botschaften aus der Welt des Übersinnlichen und göttlichen an.
Im Seminar wird es darum gehen, die verschiedenen Offenbarungskonzepte kennen zu lernen und Kriterien der Unterscheidung zu erarbeiten.

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Wintersemester 2012/13

Weltuntergänge und Verschwörungstheorien - spezielle Eschatologie

Laut Maya-Kalender geht angeblich am 21.12.2012 die Welt unter. So jedenfalls glauben es nicht wenige Zeitgenossen. Schon vor Monaten hat es die Prophezeiung in die Tagesschau geschafft, weil sich in einem kleinen französischen Dorf Menschen von überallher versammelten, um sich auf die bevorstehenden Ereignisse vorzubereiten. Seitdem gibt es immer neue Bücher, Filme und Vorträge zum vermeintlich bevorstehenden Ende der Zeit. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da standen die Prophezeiungen des Nostradamus im Mittelpunkt des Interesses: als der Jahrtausendwechsel bevor stand, gab es ähnliche Unheilsbotschaften. Der Mensch scheint von Unheilsprophezeiungen und Verschwörungstheorien unwiderstehlich in Bann gezogen zu werden. Aus der Geschichte kennen wir den Mühlhiasl, aber auch der moderne Mensch vermutet hinter tragischen Ereignissen allzu gerne finstere Mächte und selbst der 11. September bleibt von selbsternannten Eingeweihten nicht verschont. Wir Christen bezeichnen uns als „adventliche“ Menschen, die auf die Wiederkunft des Herrn warten. Doch anders als in Horrorfilmen und Gruselgeschichten hoffen wir Christen auf die Vollendung und dürfen Vertrauen auf einen gnädigen, aber zugleich gerechten Gott. Diese Ambivalenz von hoffend vertrauen und demütig bekennend bestimmt auch die Vorstellung von Himmel und Hölle durch die Jahrhunderte. Ausgehend von den Grunddaten christlicher Eschatologie werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet, die sich im Vergleich zu den verschiedenen Weltuntergangsvorstellungen ergeben. Den Ängsten gilt es nachzugehen, die Menschen seit jeher in den Bann schlagen. Beispiele aus Kunst und Musik helfen beim Verstehen und Einordnen der Weltsichten.

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Sommersemester 2012

Die Neurowissenschaften und die Theologie

In den Humanwissenschaften etablieren sich seit einigen Jahren die Neurowissenschaften. Mit immer präziseren Vorstellungen darüber, wie unser Hirn funktioniert und mit immer weitreichenderen Aussagen macht die Hirnforschung von sich Reden. In Lehrerfortbildungen lernen die Pädagogen hirngerechtes Unterrichten, Therapeuten erhalten naturwissenschaftliche Bestätigungen für ihre bisherigen Therapiekonzepte, Juristen müssen umdenken lernen und selbst die Philosophie wird auf ihre Gehirngerechtigkeit hin überprüft. Die Neurowissenschaften sind dabei, viele Vorstellungen vom Menschen zu revolutionieren. Dies hat selbstverständlich Einfluss auf Fragen von Ethik und Moral, auf die Frage nach dem Menschen (Anthropologie) und dessen Freiheit (Gibt es überhaupt Freiheit?), somit auch letztlich auf die Frage nach Gott. Im Seminar werden grundsätzliche Theorien der Neurowissenschaften vorgestellt und ihre Relevanz für Pädagogik, Therapie und Recht erörtert. Ebenso sind die möglichen Konsequenzen für Anthropologie und Gotteslehre kritisch zu würdigen.

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Wintersemester 2011/2012

Kirche heute in Staat und Gesellschaft: spezielle Ekklesiologie

Unsere Gesellschaft steht in den kommenden Jahren vor enormen Veränderungen, die alle Bereiche des Lebens, alle etablierten Strukturen vor bisher unbekannte Herausforderungen stellen werden: Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer, was die sozialen Spannungen verschärft, die Sozialsysteme geraten dadurch, aber auch aufgrund demographischer, finanzieller und medizinischer Entwicklungen, immer stärker in Bedrängnis und globale Entwicklungen wie Klimawandel, weltweite Migration oder religiöse Entwicklungen werden diese Situation verschärfen. Im Seminar wird es darum gehen, die vielfältigen Anfragen an Kirche und die radikaler werdenden Anfeindungen ohne falsche Beschönigung wahr zu nehmen. Die Frage, wie Kirche hierauf reagieren kann (und muss), ist jedoch nur mittels Rekurs auf die dogmatischen Grundlagen möglich, weil Kirche sich immer auch und zuerst dem Verpflichtet weiß, was Jesus der Herr seiner Kirche als Auftrag und zum Selbstverständnis mitgegeben hat. Von hier aus können auch manche Lösungsvorschläge, die in die aktuelle Diskussion eingebracht werden, auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft werden.

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Sommersemester 2011

Angelologie: Von Engelglauben und Engelreligionen

Engel sind überall. Der Glaube an Engel boomt. Laut einer Umfrage glauben in Deutschland mehr Menschen an Engel als an Gott. Der Markt bietet eine unüberschaubare Fülle von Engelkongressen und Magazinen, von Engelkalendern, Büchern, Tarotkarten und Engelmedien. Engel werden als gute Begleiter, heilsame Mächte und überirdische Wissensquellen erlebt. Doch nicht nur die aktuelle Esoterikszene wird von einem Engelboom heimgesucht. Auch im alltäglichen Leben der – nicht nur katholischen – Christen findet der Glaube an Engel neuen Widerhall. War es in der katholischen Dogmatik viele Jahre lang sehr still um die Angelologie, so machen in jüngster Zeit einige spekulative Neuentwürfe von sich reden, die nichts weniger als eine Weiterentwicklung klassischer dogmatischer Traktate versprechen. Im Seminar soll die Vielfalt von Engelvorstellungen und –darstellungen vorgestellt werden, die es innerhalb und außerhalb der christlichen Kirchen (Dogmatik) gibt. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden herausgearbeitet. Pastoral-praktische Überlegungen zielen auf die Frage, wie heute nicht nur Kindern, sondern auch erwachsenen Christen ein „Engelglaube“ stimmig vermittelt werden kann.

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Wintersemester 2010/2011

Grenzfragen der Ökumene: Vom Umgang mit den vielen christlichen Gemeinschaften

(Zusammen mit Jun.Prof. Dr. habil. Birgitta Kleinschwärzer-Meister)
Der Zweite Ökumenische Kirchentag liegt hinter uns. Im Vordergrund standen dabei die sog. Volks- oder Großkirchen und die ökumenische Verständigung zwischen ihnen. Weniger im Blick waren dabei sog. Freikirchen und weitere kleinere christliche Gemeinschaften, die nicht in die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland als ökumenischer Dialog- und Handlungsplattform integriert sind. Doch gerade diese Szene wächst und bildet neue Gemeinden. Steht im ökumenischen Dialog zwischen den Großkirchen (orthodox, katholisch, evangelisch) bereits die weitreichende Frage vor Augen, wie das Ziel einer Kirchengemeinschaft erreicht und gestaltet werden könnte, so beschränkt sich das gegenwärtige Verhältnis der katholischen Kirche zu manchen Freikirchen und anderen christlichen Gemeinschaften erst auf ein wechselseitiges Kennenlernen und auf einen ersten Abbau von Ressentiments und Missverständnissen. Im Seminar soll es zunächst darum gehen, die Vielfalt christlicher Gemeinschaften und Freikirchen wahr zu nehmen, sowie theologische Kriterien zu erarbeiten, die für eine Begegnung wichtig sind. Darüber hinaus sind verschiedene Methoden von Ökumene zu reflektieren und auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich eines Dialogs der katholischen Kirche mit den sog. Freikirchen und kleineren christlichen Gemeinschaften zu überprüfen.

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Sommersemester 2010

Die Piusbruderschaft - Herausforderung für die Kirche

Seit einiger Zeit stehen der Vatikan und die Piusbruderschaft in Verhandlungen darüber, ob eine Wiedereingliederung in die röm.-katholische Kirche möglich ist und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Vermutlich werden diese theologisch und kirchenpolitisch qualifizierten Gespräche einen längeren Zeitraum benötigen. Grundsätzliche dogmatische Fragen werden genauso angesprochen werden müssen wie Fragen der Ökumene. In der Öffentlichkeit wird die Piusbruderschaft dagegen häufig nur wahrgenommen unter den Stichworten „tridentinische Messe” und „Holocaustleugner”. Als Theologe sollte man sich nicht auf diese medial bedingten Verkürzungen einlassen. Vielmehr gilt es die Anfragen und Positionen der Piusbruderschaft kennen zu lernen und kritisch mit den Entwicklungen in Dogmatik, Fundamentaltheologie oder Liturgie innerhalb der römisch-katholischen Kirche des letzten Jahrhunderts, vor allem aber seit dem Vaticanum II, zu vergleichen. Die für die Piusbruderschaft wichtigen und unaufgebbaren theologischen Positionen sollen per Referat vorgestellt werden, wobei nicht nur dogmatische Fragen erörtert werden, sondern auch fundamentaltheologische, liturgische und canonistische Aspekte berücksichtigt werden müssen. Eine Exkursion wie auch eine Einführung in den lateinischen Choral soll das Kennenlernen einer fast schon vergessenen Welt abrunden.

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Sommersemester 2009

Befreiung vom Bösen - Vom christlichen Umgang mit dem Bösen

Im Frühjahr 2009 soll die approbierte deutsche Übersetzung des „neuen“ Rituale Romanum De Exorcismis et supplicationibus quibusdam von 1999 vorliegen. Nach langjährigem Zögern, wohl auch aufgrund einschlägiger Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart, scheint sich auch in Deutschland der weltweit schon spürbare Trend durchzusetzen, offensiver mit Gebet um Heil und Heilung, aber auch mit Gebet um Befreiung vom Bösen umzugehen. Die Medien greifen das Phänomen gerne auf; handelt es sich doch um ein Thema, das spektakuläre Schlagzeilen erwarten lässt. Dabei bleibt völlig außer acht, dass es nicht nur (und vor allem) in anderen christlichen Konfessionen eine rege Praxis des Befreiungsdienstes gibt, sondern dass auch in anderen Religionen der spirituell-religiöse Kampf gegen Dämonen selbstverständlich zum Glaubensleben dazu gehört. Im Seminar wird es darum gehen, die verschiedenen Formen von Befreiungsdiensten kennen zu lernen und die dahinter stehenden Glaubensüberzeugungen zu vergleichen. Der biblische Befund und die dogmatischen Einlassungen sind genauso im Blick zu nehmen wie die Frage nach dem konkret-pastoralen Umgang mit dämonisch belasteten Menschen, die sich hilfesuchend an die Seelsorge wenden. Beispiele aus der medialen Aufbereitung des Themas werden bei der Verortung helfen.

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Wintersemester 2008/2009

Sekten, Weltanschauungen und die Sehnsucht der Menschen nach Heil

Freiheit und Aufklärung sind die Errungenschaften der Moderne. Doch für immer mehr Menschen wird diese Fülle an Optionen und Unverbindlichkeiten zu einer Gefahr, der man mit einer Flucht in die Gewissheit zu entgehen sucht. Es kann daher nicht verwundern, dass der Markt religiöser und pseudoreligiöser Angebote stetig wächst. Die unterschiedlichsten Antwortversuche drohen dabei immer absonderlicher zu werden, was bei gleichzeitiger Kommunikationsverweigerung zu einem gesellschaftlichen Auseinanderdriften führt. Gemeinsame Werte, Standards in Bildung und allgemeingültige Erkenntnisse werden genauso fragwürdig wie Tabus immer weniger akzeptiert werden. Ausgehend vom Sektenbegriff und im Rückgriff auf fundamentaltheologische Fragestellungen wird es im Seminar darum gehen, nach einer soziologischen Analyse und unter Berücksichtigung psychologischer wie auch juristischer Aspekte (pastoral)theologische Folgerungen zu ziehen.